· 

Die Berge der zehntausend Unsterblichen


Das kleine Dörfchen Guoliangcun liegt hoch oben in den Wanxian-Bergen (“Berge der zehntausend Unsterblichen“) und konnte uns, nach den überschwänglichen Lobeshymnen unseres Reiseführers, nur entweder wie das Paradies auf Erden oder wie eine überflüssige Fahrt zu einem vollkommen überbewerteten Örtchen vorkommen …

 

Die Anreise von Guiyang aus, dauerte insgesamt 34 Std. und beinhaltete, vor allem nach fast 29 Std. Non-Stop-Zugfahrt, eine kleine Schnitzeljagd nach den richtigen Bussen, die uns endlich ans Ziel bringen sollten. Die Menschen hier erwiesen sich wieder einmal als äußerst hilfsbereit, allerdings scheint es für sie oft absolut unvorstellbar zu sein, dass wir kein chinesisch verstehen.

 

Ein Taxifahrer, der uns seine Dienste anbieten wollte, versuchte uns erst mündlich auf chinesisch als Fahrgäste zu gewinnen und als es ihm so langsam dämmerte, dass wir nicht das Geringste von dem verstehen, was er uns erzählen wollte, nahm er kurzerhand Stift und Papier und schrieb es uns auf - wohlgemerkt in chinesischen Schriftzeichen. Da wir ihm anschließend immer noch den gleichen fragenden Gesichtsausdruck präsentierten wie zuvor, versuchte er es erneut, diesmal wohl in chinesischer „Schönschrift“, was uns aber leider, auf unserer Suche nach einem gemeinsamen Kommunikationsweg genau gar nicht weiterbrachte.

 

Irgendwie haben wir es dann aber doch (ganz zur Verwunderung einiger Chinesen) geschafft in die richtigen Busse einzusteigen und nach dem üblichen mehrmaligen Umsteigen (und Warten), sind wir am frühen Abend tatsächlich in Guoliangcun angekommen.

 

Auf dem Weg ins Dorf passiert man die so genannte „Abgrund-Galerie“, einen von Einheimischen in den 1970ern in den Felsen geschlagenen Tunnel, der immer wieder von Aussparungen durchbrochen wird und so den Blick auf die steilen Abgründe der Schluchtwände freigibt. Die Berge waren ringsum komplett Nebelverhangen und die Gipfel, die hin und wieder den grauen Schleier durchbrachen, versprachen uns für den nächsten Tag eine einzigartige Kulisse. Ein diesig verhangender Ausblick auf die mit grünen Bäumen gesäumten, bis zum „Horizont“ reichenden  roten Quarzitfelsen war allerdings das „Beste“, was wir am nächsten Tag ergattern konnten.



Nichts desto trotz gehört der Anblick der mystischen „Berge der Zehntausend Unsterblichen“ zweifelsohne mit zu den beeindruckensten Fels-Landschaften, die wir bis jetzt gesehen haben. Ganz im Gegensatz zu dem Dorf Guoliangcun, welches einfach gar nichts von dem Charme versprüht, der im Reiseführer so vollmundig angekündigt wurde.

 

Das kleine Areal der alten Steinhäuser und Gassen wirkt beinahe ausgestorben und erscheint eher verfallen als malerisch. Im Kontrast dazu wurde am Dorfrand ein „Touristen-Versorgungs-Gebiet“ gebaut, welches entweder viel zu groß geraten ist, oder aber tatsächlich dem Bedarf entsprechend gebaut wurde und nur zur Zeit (aus welchen Gründen auch immer) nicht annähernd ausgelastet ist. Sollte der zweite Fall richtig sein, haben wir unbeschreibliches Glück gerade jetzt hier zu sein, da wir sonst zwar vielleicht keinen Nebel hätten, aber dafür die Landschaft vor lauter Menschenmassen nicht sehen könnten.



Wie sich herausstellte, war die größte Schwierigkeit nicht das Hinkommen zu dem Dörfchen, sondern das Wegkommen. Wollten wir noch am gleichen Abend in Beijing ankommen, mussten wir nämlich zwingend um 9:00 Uhr den ersten Bus von Nanping nach Huixian bekommen. Und wäre der erste Bus nach Nanping tatsächlich um 7:30 Uhr in Guoliangcun abgefahren, wäre alles sehr einfach gewesen - so standen wir jedoch um 8:30 immer noch 

 

Mutterseelenallein auf dem uns angewiesenen Platz, von einem Bus war nicht das Geringste zu sehen und die Zeit lief uns langsam aber sicher davon.

 

So kam es dann, das wir (im Gegensatz zu unseren bisherigen Erfahrungen in China!)  wie leider auch schon am Vorabend beim Abendessen, Bekanntschaft mit der - offensichtlich in diesem Dörfchen übermäßig ausgeprägten - Bereitschaft zum Bescheißen machten, und mussten zähneknirschend einem Einheimischen, dafür das er uns 3 km in seinem Wagen mitnahm, so viel bezahlen wie für eine 6 stündige Busfahrt.

 

 

Das übrige Busfahren, Umsteigen, wieder Busfahren, warten und schließlich 7 Std. Zugfahren, verlief „gewohnt problemlos“ und vor gut drei Stunden haben wir die letzte Station dieser Chinareise erreicht: Beijing.