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Neues aus Yangshuo


Mittlerweile sind wir fast vier Wochen in Yangshuo und die Zeit ist wie im Flug vergangen. Da das Wetter diesmal (bis jetzt) deutlich besser mitspielt als letztes Jahr, erkunden wir an unseren kletterfreien Tagen mit unseren rosa Flitzern die Gegend rund um Yangshuo und genießen die unglaublich schöne Landschaft. Letztes Jahr waren wir ja in der Regenzeit hier und die wenigen sonnigen Tage wurden natürlich am Fels verbracht.

 

In den Gebieten außerhalb der Stadt hat sich wenig verändert. Sobald man mit dem Fahrrad aus der Stadt fährt, erlebt man Obst-, Getreide- und Reisanbau wie im letzten Jahrhundert. Man fährt mit dem Fahrrad an Pomelo-, Kaki- und Mandarinenbäumen vorbei oder wandert auf dem Weg zum Felsen an Chilisträuchern und Bananenpalmen entlang.




Die meisten Bauern arbeiten ohne maschinelle Unterstützung auf ihren Feldern, manche können sich zwar Wasserbüffel als Zugtiere für ihren Pflug leisten, aber einige müssen selbst diese Arbeit noch eigenhändig bewältigen. Im krassen Gegensatz dazu wird in der Innenstadt und am nahen Stadtrand sehr viel gebaut, Straßen erneuert und modernisiert. Der Straßenbau geht hier offensichtlich eher schleppend voran und viele Baustellen von letztem Jahr sind immer noch im Betrieb.

Das gerade der Straßenbau im Gegensatz zum Häuserbau so viel Zeit beansprucht, könnte daran liegen, dass hier Beton & Zement oft noch an Ort und Stelle noch per Hand angerührt werden und die riesen Felsbrocken, die zur Weiterverarbeitung zur Baustelle gebracht werden, stammen aus Sprengungen in unmittelbarer Nähe - Berge gibt es ja hier ja definitiv im "Überfluss" …

 

Die Hauptmotivation der Modernisierungen, liegt wohl zum einen daran, dass Yangshuo ohnehin einer der beliebtesten Touristen - und Ausflugsziele Chinas ist und sich generell jede Investition sicher lohnen wird, und zum anderen gibt es seit dem 31.12.2013 eine Hochgeschwindigkeits-Zugverbindung zwischen Guilin und Guizhous Provinzhauptstadt Guiyang, die den Bewohnern dort sogar schon einen Wochenendausflug nach Yangshuo attraktiv macht.

 

Aber die mit Abstand meiste Zeit sind wir natürlich mit Essen, Schlafen, Klettern und Bier, äh Kaffee trinken beschäftigt, um in Leggins dem Spirit von Wolfgang Güllich & Co ganz nah zu sein und das Kletter-Aussteigerleben zu geniessen.

Bei mehr als 600 Routen, aller Schwierigkeitsgrade und verschiedenster Stilrichtung -  von kleinsten Leisten bis zu überhängenden Wänden mit weiten athletischen Zügen wir einem dieses ja auch recht leicht gemacht!



Auch die chinesischen Kletterer sind sehr daran interessiert Klettern als Sport populärer zu machen und andere Menschen dafür zu begeistern. Seit 2011 findet in Yangshuo jährlich ein Kletterfestival statt, zu dem viele Kletterer aus ganz China anreisen.

Allerdings muss man leider sagen, dass dieses - trotz einiger großer Sponsoren (der Hauptsponsor Kailas hat unter anderem Edelrid und Vaude aufgekauft) wie z.B. Kailas, Enterprises, Scarpa, etc. - schlechter als jede Dorfkirmes in Europa organisiert war. Das Festival ging über drei Tage und startete freitags mit einer "Halloween Party", die einem Mix aus dröhnender Großraum Disco und "Kinderschminkgeburtstag" gleich kam …



Auf der großen Bühne wechselten sich zwei, sagen wir es mal diplomatisch, „interessante“ DJs ab und spielten eine Komposition aus hämmerndem Trash-Techno aus den 90er und ein paar nicht ganz so schlechten aktuellen Songs mit guten Beats hinterlegt. Besonderer Erwähnung bedarf es aber dem stilistisch einwandfreien Übergang zwischen den beiden DJs - anstatt sich fließend die Bälle zu zuspielen, startete der neue Song „gekonnt holprig“ erst nach kurzer Verzögerung, wenn das Lied des anderen DJs zu Ende war. ;-)

Und um die Partystimmung perfekt zu machen, wurde zu den ohrenbetäubenden Beats an der „Getränketheke“ (ein Tisch vollgepackt mit Cola Dosen und Bierflaschen) lau-warmes Bier serviert …

 

Nachdem die Mega-Party dann mit dem Feierabend der DJ’s um 22:00h ziemlich abrupt als beendet erklärt wurde, bekamen wir aber wenigstens in unserer Stammkneipe - auch ohne Halloween-Schminke - noch ein kaltes Bier!

 

Die (für unsere Maßstäbe) zum Teil schlechte Organisation, vielleicht ja auch gepaart mit dem in China - oft so sympathischen Pragmatismus - hätte uns eigentlich nicht gestört, hätte es so doch den Charme einer Veranstaltung haben können, bei der Engagement  und Begeisterung für die Sache im Vordergrund stehen und nicht die professionelle Show hochbezahlter Funktionäre.

(Warum dem dann aber leider nicht so war, erklären wir etwas weiter unten!)

 

Am Samstag gab es dann Dry-Tooling und Trad-Climbing Workshops und wir konnten unsere ersten Erfahrungen im Umgang mit Eisgeräten am Felsen machen. Die Workshops fanden in einem kleinen Örtchen ca. 45 Auto-Minuten von Yangshuo entfernt statt und schöner Weise war der dortige Tag in engem Kontakt mit der dortigen Bevölkerung organisiert worden, so dass nicht nur Kletterer, sondern auch die gesamte Dorfgemeinschaft anwesend war, um am Spektakel des Festivals teil zu haben.







„Höhepunkt“ des Festivals war dann ein Boulder-Wettkampf, bei dem - wie wir dort erfahren haben - jeder mitmachen konnte.



Während der Wettkampf bei den Frauen auch tatsächlich unter „Amateuren“ ausgetragen wurde, starteten bei den Männern jedoch in der gleichen Wettkampfrunde auch die Profis aus dem Kailas-Climbing-Team. Schon die Boulder der Vorrunde waren so schwer, dass sie nicht mal von allen Profis geklettert werden konnten und kaum einer der Kletterer die am Felsen bis zum achten Franzosengrad unterwegs sind, kam weiter als die ersten 3 bis 4 Griffe. Der weitere Wettkampfverlauf strotze vor Peinlichkeiten (fehlendes Erklären der Wettkampfregeln, „Pannen“ beim Punkte zählen, Disqualifikation "unliebsamer" in Führung liegender Nicht-Chinesinnen, etc ..) und alles mutierte immer mehr zu einer billigen „Selbstbeweihräucherungs-Veranstaltung“ des chinesischen Kailas-Teams …

 

Schade! … denn eine solche Veranstaltung verzerrt enorm den Blick auf das „Klettergebiet Yangshuo“,  die vielen extrem engagierten leidenschaftlichen lokalen Kletterer und die hier lebenden Menschen doch erheblich!


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Na ja, das Festival ist vorbei, wir sind mal wieder um eine Erfahrung reicher und es ist höchste Zeit endlich wieder mit netten Menschen klettern zu gehen und unsere eigenen Feste zu feiern ...