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Durch den Isan

Glaubt man den einschlägigen Reiseführern und Beschreibungen im Internet so ist der Isan, der als auch "Hinterhof Thailands" bezeichnet wird, vor allem anderen für drei Dinge bekannt: harte Arbeit, harten Alkoholkonsum und harte Thai-Box Champions.



In das so beschriebene Gebiet, welches sich angrenzend von Zentral-Thailand aus, über den gesamten Nord-Osten bis zu den Grenzen Laos und Kambodschas erstreckt, verirren sich zudem nur ca. 1% (!) aller Thailand Reisenden.

Wer durch den Isan reist, bekommt die Chance einmal in Thailands „Vergangenheit“ einzutauchen und den alten Glanz und die Authentizität des Landes zu entdecken.

 

Zwar gibt es in dieser Region unter anderem die schönsten und größten Anchor Tempel des Landes und viele National Parks - aber wir wollten uns einfach mal treiben lassen und vor allem mit den dort lebenden Menschen in Kontakt treten und deren Mentalität, deren Küche, Sprache und die laotisch-vietnamesischen-Khmer Einflüsse erleben.





Die Idee durch den Isan zu reisen, kam uns wie gerufen - hatten wir doch eh beschlossen Uli und Tanja im Green Climbers Home in Laos einen Besuch abzustatten.

Einen Plan oder eine feste Reiseroute hatten wir dabei nicht. Fest stand nur, dass wir irgendwo unser Thailand-Visum verlängern lassen mussten und das wir am Ende in Nakhon Phanom - am Grenzübergang zu Laos - ankommen mussten. Alles andere überließen wir unser Spontanität und den Fahrplänen der klapprigen „Local-Busses“, die uns einmal quer durch den Isan bringen sollten.



Über Nang Rong ging es nach Phibun Mangsahan zum Immigration Office. Warum man zur Visumsverlängerung unbedingt einmal durch die ganze „Stadt“ rennen muss, um Dokumente zu kopieren, die erstens digital abrufbar sind und zweitens auch mit dem Gerät hätten kopiert werden können, welches ca. 0,5 m neben dem Schreibtisch des zuständigen Beamten steht, bleibt uns zwar weiterhin ein Rätsel, aber bestimmte Dinge muss man wohl einfach so hinnehmen, wie sie sind. Das gilt vermutlich auch für den Beamten, der unser Anliegen bearbeitet hat und während dessen auf jedes der benötigten Dokumenten-Kopien mindestens 2 verschiedene Stempel pressen musste, händig das Tagesdatum eintragen, sowie unser Passfoto aufkleben musste … auf einen Dokumentenstapel wohlbemerkt, der selbstverständlich schon ein digitales Foto unseres Grenzübertritts enthielt!

 

Nachdem sein Schreibtisch mit einer Auswahl von zehn verschieden Stempeln übersäht war (und mit zehn meinen wir wirklich zehn - wir haben nachgezählt!), noch ein anderer Beamter in den Papierkrieg eingetreten war und alles abschließend von der Chefin abgenickt wurde, war es dann geschafft. Wir konnten weiterreisen - machten allerdings vorher noch ein „Memo an uns selbst“: Selbst wenn man weiß, was man braucht & es schon x-mal gemacht hat: Visa-Angelegenheiten sind nie einfach, gehen niemals nie schnell und sollten - aus Rücksicht auf die eigenen Nerven - unter keinen Umständen auf den letztmöglichen Tag gelegt werden!

 

Obwohl uns eigentlich nur die Verlängerung unseres Visums nach Phibun gebracht hat, mussten wir feststellen, dass wir in einem sehr quirligen, kleinen Städtchen gelandet waren, das voll von netten Restaurants und Obst-, Gemüse- und Fleischmärkten war. Verschlafen war hier - entgegen dem ersten Eindruck - gar nichts, bereits morgens um sieben hatten alle Geschäfte geöffnet, es wurden lautstark die Lautsprecherboxen vor den Elektroläden getestet und die Märkte glichen eher einer Kirmes.

Beeindruckend war zudem, dass man sich sogar in den kleinsten Provinzen Gedanken um den anfallenden Müll, besonders der Wasser-Plastikflaschen zu machen scheint und es alle paar Meter „Water-Refill-Stations“ gibt, in denen man seine 1,5l Wasser für umgerechnet nicht mal einen Cent wieder auffüllen kann.

(Zum Vergleich: Eine neue Flasche Wasser kostet im Schnitt 40 Cent!)



Glücklicherweise fügten sich die einzelnen Busverbindungen zwischen den größeren Städten recht problemlos aneinander, so dass dieser Teil der Reise quasi ein Kinderspiel war … na ja, abgesehen vielleicht von der Tatsache, dass hier auch fröhlich weiter Bustickets verkauft werden, wenn der Bus schon lange aus allen Nähten platzt, und wir daher eine 6 stündige Busfahrt, in Konservendosen ähnlicher Enge, stehend auf dem Gang verbringen mussten ...

 

Wer unbedingt am Strand liegen möchte, oder die Zeit seines Urlaubs nicht ohne westliches Frühstück überlebt, der wird an dieser Region wenig Freude finden. Auch überwältigende ("klassische") „Wow-Erlebnisse“ bekommt man dort nicht geboten - dafür aber eine Fülle von unterschwelligen Eindrücken zum Leben der Thais fernab der Großstädte oder Touristen-Hotspots.

Dörfer ethnischer Minderheit im Bergland zu besuchen war zwar sehr interessant und gerade die Geschichte dieser Minderheiten sind ein spannender Teil der süd-ostasiatischen Geschichte, doch wäre das Bild dieser Dörfer wohl noch unvollständiger, ohne beispielsweise zu sehen, dass die Häuser der abgeschiedeneren (nicht-Minoritäten-)Landbevölkerung oft in kaum "fortschrittlicherem Zustand" zu sein scheinen, als die jener Bergbevölkerung.

 

Wir jedenfalls haben es genossen, während unserer Isan-Durchquerung so gut wie keine anderen Touristen gesehen zu haben. Dafür waren die herzlichen Momente mit den Einheimischen (trotz aller Verständigungsprobleme auf beiden Seiten) umso zahlreicher - und auch der eher einsame Sylvesterabend in Ubon Ratchathani war in diesem Moment genau richtig …

 

Keine Raketen, kein Feuerwerk, keine Party - allenfalls eine Handvoll grillender Thais am Flußufer und ein kühles Bier zum Anstoßen auf der Terrasse.

 

Frohes neues Jahr!


 

 

Sylvester-Selfie im 3. Versuch