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When nothing goes right, go left …

Nach mehreren fantastischen Klettertagen und einem (wie immer) köstlichen „Abschieds-Abendessen“ verließen wir mal wieder Yangshuo. Wie immer schweren Herzens - aber auch voller Vorfreude auf die vielen neuen Eindrücke und Erlebnisse, die uns auf unserer Reise durch die Yunnan-Provinz erwarten.

 

Unser erstes Ziel war die Provinz-Hauptstadt Kunming, wo wir zum einen die nahe gelegenen Kletterfelsen testen wollten, und uns zum anderen mal wieder in die bürokratische Mühle der Visumsverlängerung begeben mussten.

 

Die Klettersektoren rund um das Dörfchen Xiao Mo Yuzu finden, versprach nicht besonders schwierig zu werden. Laut der Wegbeschreibung in unserem Kletterführer mussten wir lediglich zur West-Busstation gelangen, dort auf der gegenüber liegenden Straßenseite in Bus Nr. C 62 springen und uns vom Fahrer - ca. 40 min später - am besagten Dorf wieder absetzen lassen. Nach 14 Stunden Zugfahrt erreichten wir den Hauptbahnhof in Kunming und dank einer hilfsbereiten (und als einzige Person weit und breit, Englisch sprechenden) Chinesin fanden wir tatsächlich relativ schnell den richtigen Bus zur West-Busstation. Dort gab es allerdings auf der gegenüber liegenden Straßenseite keine Bushaltestelle, im gesamten Umkreis keinen Bus Nr. C 62 ... und es schien diesen Bus auch niemand zu kennen.

 

Die wenigen Personen, die mit dem Namen des Dorfes etwas anfangen konnten, sprachen entweder Kunming-Dialekt oder schrieben uns Zettel mit hübschen chinesischen Schriftzeichen. Beides half uns in diesem Moment leider nicht besonders weiter, aber nach etlichen Hände-Füße-Zettel Kommunikationen und ebenso vielen fragenden Gesichtern, winkte uns tatsächlich ein Busfahrer in seinen Bus … entließ uns aber einige Haltestellen weiter wieder auf die Straße, zeigte in irgendeine Richtung und redete auf Chinesisch auf uns ein. Von dort aus sollten wir am wahrscheinlichsten einen andern Bus zur Weiterfahrt nutzen?!

 

Das taten wir schließlich auch und wurden wiederum einige Haltestellen weiter, mit einem ähnlichen Hinweis wieder aus dem Bus komplimentiert. Um es kurz zu machen: es brauchte an diesem Tag 4 Busfahrten und insgesamt 4 Stunden, um zum Dörfchen Xiao Mo Yu zu gelangen und das Ganze natürlich in jeweils hoffnunglos überfüllten Lokal-Bussen mit vier grossen Rucksäcken …

 

Dieses Dörfchen, welches uns in unserer Vorstellung wenigstens einen kleinen Vorgeschmack auf die landschaftlichen und baulichen Schönheiten der Yunnan-Provinz geben sollte, entpuppte sich als ziemlich skurrile Häuser-Ansammlung beidseits einer neu gebauten Schnellstraße - auf der entweder Baustellen-LKWs entlang bretterten, oder die Fahrschüler des hiesigen Fahrschul-Imperiums mit ihren Sonnenbebrillten Fahrlehrern in einer unbeschreiblichen Langsamkeit hin und her schlichen.

 

Aber: Unsere Gasthaus-„Mama“ war super, das Essen preiswert, abwechslungsreich, extrem lecker und frisch (genaugenommen direkt von den angrenzenden Feldern), die Klettersektoren idyllisch gelegen und dank unverhofftem Internetzugang konnten wir den Kontakt zur lokalen Klettercommunity ausbauen. Und siehe da, wenn man weiß wie, braucht man tatsächlich deutlich weniger als 4 Stunden - genaugenommen nämlich 40 Minuten - von Kunming aus zum Kletterfelsen!


 

 

Von da oben aus ...

 


 

 

... sieht man das hier.

 


Für die Beantragung unserer Visumsverlängerung fühlten wir uns dieses Mal perfekt vorbereitet. Nach mehreren erfolgreichen Verlängerungen in der letzten Zeit, wussten wir genau (so dachten wir zumindest!) welche Dokumente, Formulare und was sonst noch benötigt wird und hatten schon vor unserer Abreise in Yangshuo alle Unterlagen kopiert und zusammengestellt.


Was wir allerdings nicht bedacht haben, dass jede Provinz ihre eigenen Regeln hat. Von den sonst obligatorisch geforderten Bankauszügen wollte niemand etwas wissen, dafür mussten wir aber die Visitenkarte unseres Hostels kopieren (??) und im angrenzenden Gebäude neue Fotos machen lassen. Nicht das wir noch ungefähr 10 Passfotos zur Verfügung gehabt hätten - wir brauchten genau dieses eine, im Nachbargebäude geschossene, dann online zur Absegnung ins Hauptgebäude gesendete und anschließend zertifizierte Passfoto!

(Kein Scherz! Ansgar musste nämlich ein weiteres Mal vor die Linse, da man beim ersten Fotoshooting ein Stück seines Tattoos sehen konnte - und dieses offensichtlich gegen die Paßfoto-Vorschrift verstieß … ?!)


Fairer Weise muss hier aber erwähnt werden, dass das keine Sonderbehandlung für uns Weißbrote war, denn auch die chinesischen Antragssteller - für was auch immer - mussten in das gleiche Fotostudio und stellenweise erneut fotografiert werden, da sie unerlaubterweise beispielsweise noch Ohrringe oder Ketten trugen …


Trotz der komödienhaften Antragsstellung, muss man sagen, dass das Personal dieser PSB (Public Security Bureau) extrem nett, hilfsbereit und sogar englisch sprechend war. Da wir beschlossen, nicht auf die Fertigstellung unserer Visa zu warten (8 Tage) und unseren Pass erst vor dem Rückflug abholen wollen, fertigte uns unsere Sachbearbeiterin einen vorläufigen Pass an und gab uns ihre Telefonnummer, mit dem Hinweis sobald es Schwierigkeiten mit eben diesem Pass gibt, könne man sie anrufen ... das ist in China jetzt wirklich nicht alltäglich!

 

Für unsere Weiterfahrt nach Shangrila besorgten wir uns rechtzeitig ein Busticket und alle notwendigen Information bezüglich des Abfahrtsorts (in Kunming gibt es 4! große Busbahnhöfe) und wie wir am einfachsten und schnellsten dorthin gelangen konnten. Eine Mitarbeiterin unseres Hostels schrieb uns extra noch handschriftlich den Namen des Busbahnhofes in chinesischen Schriftzeichen und in Pinyin auf unseren Stadtplan und riet uns, direkt vom Hostel aus ein Taxi zu nehmen, da wir für den Bus unsere riesigen Rucksäcke ein gutes Stück durch die Innenstadt hätten tragen müssen.

 

Mit ausreichend Zeit im Gepäck verließen wir unser Hostel, fanden einen Taxifahrer, der bereit war sein Taximeter zu benutzten (anstatt einen „Spezial“-Touri-Preis zu verlangen), zeigten diesem den aufgeschriebenen Namen unseres Zielorts - und schon waren wir unterwegs zur West-Busstation.

 

Dachten wir zumindest!

 

Nach ca. 45 min hupender und schlängelnder Fahrt durch Kunming hielt unser Taxifahrer am Busbahnhof. Dort strahlten uns allerdings an den Gebäuden in großen Lettern die Worte Süd-Bahnhof entgegen!

 

Aufgeregt „diskutierten“ wir die Situation mit unserem Taxifahrer und mussten feststellen, dass er offensichtlich „nur“ Schriftzeichen und kein Pinyin lesen konnte (wurde erst 1958 offiziell eingeführt!). Wir durchsuchten unsere Informationszettel und fanden dort noch einmal die Zeichen für den West-Busbahnhof - und auch für den Süd-Busbahnhof abgedruckt. Die insgesamt fünf Schriftzeichen sind bis auf das erste absolut identisch, und zu allem Überfluss ist sich das erste Zeichen auch noch sehr ähnlich. Offensichtlich hat die hilfsbereite Hostel-Mitarbeitern etwas unleserlich geschrieben und unser Taxifahrer deshalb Süd - und nicht West-Bahnhof gelesen. Der Taxifahrer schien wenig erfreut über diesen Umstand zu sein, das Taximeter lief, die Zeit auch - und unsere entspannte Grundhaltung wurde arg auf die Probe gestellt, mussten wir doch abermals in der Rush-Hour quer durch Kunming fahren …

 

Dieses Mal allerdings ohne einen luxuriösen Zeitpuffer!



Die Straßen waren jetzt noch voller geworden und zwischenzeitlich glaubten wir im Stau stecken zu bleiben und unserem Bus („bestenfalls“) nur noch hinterher winken zu können.

 

 

Eine gute Stunde später kamen wir jedoch tatsächlich am West-Busbahnhof an, kauften im Vorbeigehen noch schnell ein paar Snacks und verstauten unser Gepäck im Nachtbus nach Shangrila …

 

… und hatten wieder mal etwas dazu gelernt!