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1001 Souk


In wiederum rund 45 Minuten per Pedes und Eselbegleitung, 45 Minuten Schritttempo über eine Schotterpiste und 5 Stunden Fahrt auf halbwegs geteerter Strasse schafften wir die 250 km von der Taghia-Schucht zurück nach Ait Mhammed und weiter bis nach Marrakech noch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit und landeten - nach glücklicherweise nur geringem Kontakt mit Marrakechs turbulent kreativem Strassenverkehr - auf einem sympathischen Campingplatz ca. 10 km ausserhalb der Innenstadt.

 

Die Gäste des Campingplatzes spiegelten dabei den bunten Mix aller Marokko-Reisenden wider. Riesige Wohnmobile in denen Rentnerpärchen dem europäischen Winter Europas zu entfliehen versuchen, kleinere - häufig mit Surfbrettern, Kletterutensilien oder Gleitschirmausrüstung beladene - selbstausgebaute Campingbusse sowie Geländegängige Jeeps und riesige Expeditionstrucks, welche mit gleich mehreren Ersatzreifen und Benzin- bzw. Wassertanks bestückt waren … so ziemlich jeden scheint es auf seiner Reiseroute mindestens einmal nach Marrakech zu führen.



Am nächsten Morgen teilten wir unser Frühstück mit den ebenfalls auf dem Campingplatz lebenden Hühnern und konnten endlich mal wieder unsere Wäsche waschen bevor wir uns neugierig ins Getümmel Marrakechs stürzten.


Dort gelangt man vom Zentrum aus unweigerlich sofort in ein nie enden wollendes Geflecht von Souks in denen sich die kleinen Geschäfte und Verkaufsstände so dicht an einander reihen, dass die kleinen Gassen schon mit einer blossen Handvoll Menschen zu verstopfen drohen und Motorroller nicht unbedingt zu dem gehören, was man dort erwarten würde. Genau diese gehören aber scheinbar genauso selbstverständlich in das Bild, wie die Verkaufsstände selbst und kleine Kollisionen untereinander sind dabei nicht gerade eine Ausnahme, zumal die innerorts geltende Geschwindigkeitsbegrenzung zwischenzeitlich (zumindest gefühlt) eher nur knapp eingehalten wird und auch gerne mal - ohne Vorwarnung - dicht neben der Warenauslage angehalten wird, um direkt vom motorisierten Untersatz aus einkaufen zu können.


 

Dieser Lieferwagen war selbst für eine "geübte"  Souk-Gasse in Marrakech zu viel des Guten ...



Marrakech hat uns trotz (oder vielleicht ja sogar genau mit) seinem grossen Kontrast zur Ruhe und Abgeschiedenheit der Taghia unmittelbar in seinen Bann gezogen.

 

Die Gegensätze zwischen den mitten im Getümmel stehenden kleinen Teebuden, von denen aus man stundenlang das chaotische Treiben beobachten könnte, den stylischen modernen Dachterrassen mit Wifi-Angebot, den nie enden wollenden Souks und den selbst für das europäische Preisniveau teuren Concept Stores, der Haute Cuisine und der einfachen aber ebenso köstlichen Tajine vom Strassenstand, die köstlichen frisch gepressten Säfte und frischgebackenen Pfannkuchen, der Kontrast zwischen Medina und Neustadt, den fast schon ruhigen Ecken mancher Parks sowie das warme Licht am Nachmittag, die Museen und das restaurierte Gebäude der Medersa Ben Youssef … all das übte einen stetigen Sog auf uns aus und wir hatten das Gefühl, dass die Tage hier deutlich mehr als 24 Stunden bräuchten.


 

Die ehemalige Koranschule Ben Yussef.


 

Der nächtliche "Gauklermarkt" auf dem Djemaa al Fna.


Der Herzschlag dieser Stadt ist dabei selbst nach Sonnenuntergang noch deutlich spürbar. Dann nämlich verwandelt sich der «grand Place» (Place Djemaa al Fna) in den sogenannten Gauklermarkt auf dem sich Tänzer, Musiker, Geschichtenerzähler, Glücksspieler, Händler und tausende Besucher in einem wilden Durcheinander an einander drängen. Und so touristisch Marrakech in manchen Bereichen auch sein mag, der Gauklermarkt wird überwiegend von Einheimischen besucht - gerade deshalb sollte man sich dieses Spektakel auf keinen Fall entgehen lassen.

 

Nach einigen Tagen im Bann der Grossstadt und einem sehr schönen und lustigen Abschiedsabend mit unseren französischen und tschechischen Nachbarn war es für uns trotz allem an der Zeit um weiter zu ziehen. Unser nächstes Ziel war das 90 km südlich auf 2600 m gelegene Oukaimeden, einem populären Ski- und gleichzeitig viel weniger bekannten, aber für uns deutlich interessanteren Bouldergebiet im Hohen Atlas.